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SANIERUNG: OFFENE WUNDEN, SICH SELBST ÜBERLASSEN

Die Gewinnung von Uran ist nie schonend. Zurück bleiben radioaktive und toxische Halden. In ihnen finden sich die Zerfallsprodukte, die gefährlicher sind als das Uran, das entnommen wurde. Doch um verlassene Minen kümmert sich bis heute kaum jemand.

Bergbau ist des Menschen ältester Eingriff in die Erde, um sich ihre Schätze anzueignen. Sind die sogenannten Bodenschätze erschöpft, bleibt ein Loch zurück, was gerade beim Abbau von Uran gravierende Folgen hat.

Uran wird unter Tage und im Tagebau gefördert. In beiden Fällen werden Uranminen von monströsen Rückständen eingerahmt. In ihnen finden sich die Zerfallsprodukte der Urankette, deren Halbwertszeiten nach menschlichem Maßstab unendliche Dimensionen erreichen. Bereits die Exploration bedeutet ein Problem: Probebohrungen, wie sie dort, wo nach Uran gesucht wird, tausendfach zu finden sind, verbinden unterirdisch uranhaltige Flöze mit dem Grundwasser und können, ohne dass je Uran abgebaut wird, das Trinkwasser einer Region kontaminieren. Ob Bohrlöcher und Bohrkerne, Halden und Tailings oder offen gelassene Minen – Wind und Regen tragen radioaktive Partikel ins Land und verseuchen den Boden von Menschen, die vom Ackerbau leben. Den Abraum mit Lehm abzudecken könnte die Misere eingrenzen. Das wird aber selten gemacht. Es kostet Geld.

Flüsse wiederum tragen die Radioaktivität aus dem Uranabbau weiter, selbst wenn die Förderung längst beendet ist. Radioaktive Strahlung kennt keine von Menschen geschaffenen Grenzen. Radioaktiver Staub aus Australien wurde, so berichtet der in Südafrika arbeitende Geologe Stefan Cramer, inzwischen sogar in der Antarktis gefunden.

Seit den 1990er Jahren wird Tage- und Untertagebergbau durch die In-situ-Leaching-Methode ergänzt, mit der heute rund die Hälfte des Urans gewonnen wird. Hierbei werden über Bohrungen Säuren oder Laugen in unterirdischen Lagerstätten injiziert, um das Erz vom Restgestein zu trennen. Das herausgelöste Uran wird mit Wasser vermischt nach oben gepumpt. Wenn die eingesetzten Mittel unterirdische Wasseradern verletzen, bleibt nur die langfristige Überwachung. Eine Behebung des Problems ist praktisch nicht mehr möglich. Während bei »stillgelegten« Minen zumeist noch irgendeine Art geordneter Schließung erfolgt ist, fehlt diese bei »verlassenen« Minen vollständig. Die Betreiber von tausenden ehemaligen Minen aus der Zeit des Uran-Rushs in den 1950er und 1960er Jahren, verteilt über den Mittleren Westen der USA, sind einfach verschwunden und haben alles stehen und liegen gelassen. Offene Schächte und Gruben sowie einsturzgefährdete, rostende Konstruktionen kennzeichnen noch heute ihre Hinterlassenschaft. Diese »abandoned mines«, wie diese sich selbst überlassenen Minen heißen, werden zumeist nicht einmal gekennzeichnet, selbst wenn sie in den Unterlagen der US-Umweltbehörde EPA verzeichnet sind.

Vorgaben und Vorschläge zur Sanierung geschädigter Landschaften gelten für den Bergbau generell, Uran nimmt hier keine Sonderstellung ein. Dabei gilt allerdings ein Satz grundsätzlich, mit dem Paul Robinson, Bergbauexperte des Southwest Research and Information Center (SRIC) in Albuquerque/New Mexico die Situation beschreibt: »The company gets the gold, the community gets the shaft – die Firma erhält das Gold, die Allgemeinheit die Grube«. Einen Erlass wie den »Surface Mining Control and Reclamation Act« von 1977, der den Unternehmen in den USA wenigstens ein Mindestmaß an Sanierung abverlangt, gibt es nicht in afrikanischen Staaten und nur in begrenzter Weise in Australien. Hier zählen allein freiwillige Verpflichtungen. Geht ein Unternehmen pleite, haben die Anwohner*innen das Nachsehen. Deshalb wehren sich aber auch immer mehr Gesellschaften.

In Australien beispielsweise gibt es neben vier aktiven Uranminen 30 Eisen-, 40 Kupfer- und 40 Goldminen, sieben Nickel-, fünf Bauxit- sowie zehn Blei- und Zinkminen und rund hundert Kohleabbaugebiete. Der Widerstand der indigenen Gesellschaften richtet sich nicht nur gegen Uranabbau und seine Hinterlassenschaft, er gilt auch Kohle- und Bauxitgruben.

Südafrika hat wie Australien eine Wirtschaft, die sich auf Bergbau stützt. Dabei spielt Uran auch dort eine Rolle, wo es nicht abgebaut wird. Dazu Anthony Turton, Professor für Umwelt-Management an der University of the Free State: »Johannesburg ist die radioaktivste Stadt der Welt, der intensive Goldabbau hat mit jeder Tonne Gold zwischen zehn und 100 Tonnen Uran mitgefördert.« Nach seiner Einschätzung verteilen sich 600000 Tonnen uranhaltiges Gestein auf die Stadt und ihr Umfeld. Turton: »Ehrlich gesagt, wir wissen bis heute nicht, wie wir mit diesem Problem umgehen sollen.«

Die Sanierung von Uranminen scheitert meist an der fehlenden Bereitschaft der Atomnutzer*innen, Geld für das Pro­blem auszugeben. Als internationales Vorzeigeprojekt für die Zeit nach der Urangewinnung gilt die Sanierung der Wismut-Hinterlassenschaft in Sachsen und Thüringen – aber auch hier gibt es Mängel (s. S. 30-31). Denn einen angemessenen Umgang mit radioaktiven Substanzen gibt es bis heute nicht. »Uran sollte in der Erde bleiben«, fordern die Betroffenen.

Weiterführende Informationen

• Tailings: wise-uranium.org, Stichwort: Uranium Mill Tailings Inventory
Film: J. Tschirner, Yellow Cake. Die Lüge von der sauberen Energie, 2010, 108 min