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AFRIKA: LIEFERANT FÜR DEN REICHEN NORDEN

Koloniale Strukturen bestimmten den Uranbergbau in Afrika von Anfang an. Über Jahrzehnte war Südafrika der wichtigste Uranlieferant des Kontinents, heute sind es Namibia und Niger

In Afrika begann Uranbergbau in den 30er Jahren im Kongo unter belgischer Kolonialherrschaft und katastrophalen Bedingungen in der Shinkolobwe-Mine. In Handarbeit und mit einfachstem Werkzeug lieferten die Bergleute dort den Rohstoff für den Bau der Atombombe. Der belgische Bergbaukonzern Union Minière hatte die Verfügungsgewalt über alle Bodenschätze des Landes. Strahlenschutz oder Gesundheitsvorsorge kannte er nicht. Wer sich der Ausplünderung widersetzte, wurde drakonisch bestraft.

Bis 1950 stammte über ein Drittel des weltweit geförderten Urans aus dieser Mine, es ging hauptsächlich in die USA. 1960 endete die Kolonialherrschaft formell. Das bedeutete aber nicht, dass das Land danach nicht mehr ausgebeutet wurde. Bergbau finanzierte den Bürgerkrieg, bis zu 20 Milliarden USDollar des kongolesischen Vermögens landeten auf Auslandskonten, so die »Financial Times«. Golden Misabiko, der Präsident der französischen Menschenrechtsorganisation ASADHO Katanga, widersetzte sich der Staatswillkür und deckte 2009 den heimlichen Vertrag zwischen den Präsidenten Joseph Kabila (DR Kongo) und Nicolas Sarkozy (Frankreich) auf, mit dem die Uranressourcen des Landes exklusiv dem französischen Atomkonzern Areva zugeschanzt wurden. Er wurde inhaftiert und gefoltert, konnte aber schließlich ins Exil fliehen.

Mit dem Ausbau der Atomenergie gerieten etliche andere Länder Afrikas ins Blickfeld: Niger wurde zwar 1960 unabhängig, der französische Staat und Areva führten die koloniale Ausbeutung aber auf ihre Weise fort (s. S. 28-29). Die Uranförderung begann 1971 in Arlit am südlichen Rand der Sahara und wurde drei Jahre später in Akokan erweitert. Historisch betrachtet ist Niger der achtgrößte Uranproduzent der Welt. Der Uranreichtum hat den Menschen in Niger aber nichts gebracht, obwohl in der Zwischenzeit 152 000 Tonnen Uran das Land verlassen haben, was einem Weltmarktpreis von aktuell 40 Milliarden US-Dollar entspricht. Noch heute gehört das Land zu den ärmsten der Welt, hat jetzt aber eine strahlende Hinterlassenschaft: Almoustapha Alhacen gründete die lokale NGO Aghirin`man – in der Sprache der Tuareg »Schutz der Seele« – und ließ Wissenschaftler*innen des unabhängigen französischen Labors CRIIRAD das Arlit-Gelände untersuchen.

»Was dort passiert, grenzt an fahrlässige Körperverletzung«, sagt CRIIRAD-Direktor Bruno Chareyron. »Die Belastung des Trinkwassers zum Beispiel ist zehn- bis hundertmal höher als der von der WHO empfohlene Grenzwert.« Straßen wurden – wie anderswo auch – mit strahlenden Gesteinsresten befestigt. 35 Millionen Tonnen radioaktiver Abraum liegen offen um die Minen herum. Die Hintergrundstrahlung ist 200-fach erhöht. Aktuell sind drei neue Minen in Planung, DASA könnte bald eröffnet werden. Niger ist nicht das einzige afrikanische Land, in dem Areva nach Uran gesucht hat: In Gabun war der Konzern ebenfalls aktiv, hat den Uranbergbau aber schon Ende der 90er Jahre wieder beendet. Auch hier wurden Tailings und Abraumhalden nicht saniert.

Rio Tinto Zinc, heute Rio Tinto und eine der drei größten Bergbaugesellschaften der Welt, eröffnete 1976 mit Rössing die erste Mine in Namibia. Weitere folgten – mit allen negativen Folgen für die Bergleute: Sie bekamen im Krankheitsfall weiter Lohn, mussten aber Krankheitskosten selbst tragen. Ein Prozess gegen Rio Tinto scheiterte, weil zwei Arbeiter die Frist überschritten, in der sie Schadenersatz hätten fordern können. In den Goldminen Südafrikas ist Uran zwar nur ein Nebenprodukt des Goldbergbaus, das Geschäft damit reichte aber, um Südafrika zum wichtigsten Uranproduzenten Afrikas zu machen. Weil der südafrikanische Goldrausch bereits Ende des 19. Jahrhunderts begann und die Bergbaufirmen damals kein Interesse an Uran hatten, blieb das Schwermetall auf den Gesteinshalden als strahlender Abfall zurück. Direkt daneben wohnen die Bergleute mit ihren Familien. Inzwischen enthalten die Halden mehr Uran als manch neue Uranmine und werden erneut »ausgebeutet«. Unter dem Apartheidssystem Südafrikas gehörte es Jahrzehnte zum Standard, dass Arbeiter*innen mit verdächtigen Krankheitssymptomen einen letzten Monatslohn erhielten und entlassen wurden.

In den vergangenen Jahrzehnten gab es viele neue Explorationsanträge zum Abbau von Uran, auch mit deutscher Unterstützung, wie das Beispiel Tansania zeigt: Von 1978 bis 1982 suchte dort die Uranerzbergbau GmbH aus Bonn nach Uran. Ihre Datenbasis wurde nach der Jahrtausendwende zum Gegenstand von Spekulationen. Viele Bewohner*innen von Dörfern in der Nähe des südtansanischen Mkuju-River-Projekts sind nach Angaben tansanischer Menschenrechtsaktivist*innen frustriert. »Schon seit über zehn Jahren heißt es: Forschung und Exploration. Was den Menschen der Umgebung bleibt, ist unsichere Beschäftigung für nur wenige und für den Rest der Staub, den die Autos und LKWs aufwirbeln«, berichtet ein Aktivist aus Songea, der aus Sicherheitsgründen namentlich nicht genannt werden möchte.

Der gestiegene Uranpreis in den Jahren 2007 und 2008 hatte zu einem wahren Boom an Explorationsaktivitäten in Afrika geführt. Weil der Uranpreis aber wieder sank (s. S. 33), wurde, abgesehen von Husab und Langer Heinrich in Namibia und Kayelekera in Malawi, keine neue Mine eröffnet. Als Folge des niedrigen Preises musste die südafrikanische MinTails Konkurs anmelden, während Areva mit Steuergeldern vor dem Bankrott gerettet wurde und der Bergbaukonzern Paladin an der Pleite knapp vorbeischrammte. Chinesische Firmen, die wegen der hohen Staatsanteile nicht auf kurzfristige Profite achten, nutzten währenddessen die Chance: Die CNNC sicherte sich Rechte an Uranvorkommen, förderte die Erkundung neuer Lagerstätten, kaufte Anteile an Langer Heinrich, kurz bevor Paladin die Produktion aus Kostengründen vorerst einstellte. Husab wurde 2016 in aller Stille in Betrieb genommen.

Aktive und stillgelegte Minen Afrikas: Wem sie gehören und wie viel Uran bisher aus ihnen geholt wurde

GABUN...

Mounana: 5760 Tonnen, Tage- und Untertagebau, 1960–1999

Oklo: 14649 Tonnen, Tage- und Untertagebau, 1970–1985

Okelobondo: 3144 Tonnen, Untertagebau, 1988 geschlossen

Boyindzi: 2471 Tonnen, Untertagebau, 1980–1991

Mikouloungou: 85 Tonnen, Tagebau, 1997–1999

Eigner aller Minen in Gabun: Areva/Gabun

DR KONGO...

Shinkolobwe: 25600 Tonnen, erste Uranmine der Welt. Tage- und Untertagebau seit ca. 1938, 1960 stillgelegt. Seither illegaler Abbau

MADAGASKAR...

Vatovory: 785 Tonnen, Tagebau, 1950er Jahre, franz. Atomministerium

MALAWI...

Kayelekera: Tagebau seit 2009, 4217 Tonnen. 85 % Paladin. 2014 stillgelegt

NAMIBIA...

Rössing: 73 012 Tonnen, Tagebau seit 1976, gehörte zu 68 % Rio Tinto, 2018 von CNNC übernommen

Husab (Rössing Süd): Tagebau seit 2016, 11 062 Tonnen, 90 % Taurus Minerals Ltd (chin.)

Langer Heinrich: Tagebau  seit 2007, 16 810 Tonnen, 75.% Paladin, 25 % CNNC, 2018 vorübergehend stillgelegt

Trekkopje: 437 Tonnen, 2011–2013. Ursprünglich 100 % Areva, 49 % an CGNPC (chin.) verkauft

NIGER...

Arlit: Tagebau seit 1971. 64 % im Besitz von Orano, 36 % Niger

Akokan (Akouta): Untertage-Abbau seit 1974. 34 % hält Orano (frz.), 31% Niger, 25 % OURD (jap.), 10 % ENUSA (span.). 2017 Produktionskürzung um 21 %. Akokan und Arlit: 152113 Tonnen seit 1998

Azelik: Tage- und Untertagebau 2007–2015. 615 Tonnen, 37 % CNNC, 33 % Niger, 25% ZXJOY Invest, 5 % Korea Resources Corporation

DASA: in Planung; Eigentümer: 90 % Global Atomic/Kanada, 10 % Niger

Imouraren: in Planung; Eigentümer: 64 % Orano, 36 % Niger

Madauéla: in Planung; Eigentümer: 80 % GoviEx/Kanada, 20 % Niger

SAMBIA...

Kitwe: 86 Tonnen in 1950er Jahren

SÜDAFRIKA...

In Südafrika wird Uran als Nebenprodukt des Goldbergbaus gewonnen. Zuständig seit 1967: die Nuclear Fuels Corporation of South Africa, heute eine Tochter der Anglo Gold Ashanti. Wichtige Minen:

Ezulwini (früher Randfontein): 217 Tonnen, 2011–2017

Vaal River Region (Kopanang, Moab Khotsong): 3817 Tonnen, 2011–2019

Stilfontein (k.A.)

Dominion (k.A.)

Hartebeestfontain (k.A.)

Gauteng (k.A.)

Weiterführende Informationen

Greenpeace: Left in the dust. AREVA’s radioactive legacy in the desert towns of Niger
Film: Uranium Mining – what are we talking about? Günter Wippel, 76 Min., auf Youtube